Religionen und der Körper
Beatrice Nuti. Universität Venedig (Italien)
Diesem didaktischen Modul liegt ein Forschungsansatz zugrunde, der davon ausgeht, dass der Körper ebenfalls als Produkt eines spezifischen sozialen, kulturellen und historischen Kontexts aufzufassen sei. Diese Annahme steht keinesfalls im Gegensatz zu den Wahrheitsansprüchen der medizinischen und biologischen Wissenschaften, sondern geht über diese hinaus, indem sie den „Körper“ als Sitz eines vielfältigen kulturellen Erbes begreift, das den „natürlichen Körper“ ergänzt und überschreibt. Daraus resultiert, dass das, was innerhalb einer spezifischen Gemeinschaft gemeinhin als „natürlicher Körper“ verstanden wird, nicht unhinterfragt bleiben kann. Natürlich ist Religion ein Hauptelement des kulturellen Erbes und jede religiöse Tradition hat ein bestimmtes Verständnis vom „Körper“. Folglich kommt jede religiöse Tradition zu je eigenen Antworten, wenn sie sich die folgenden Fragen stellt: „Was ist das dem Körper Eigentliche?“, „Was passiert mit ihm nach dem Tod?“, „Wie kann der Einzelne durch den Körper zu spirituellen Empfindungen gelangen?“, „Wie hat man sich dem Körper gegenüber aus religiöser Sicht zu verhalten?“. Indem Religionen zu diesen Fragen Stellung nehmen, offenbaren sie auch ihre je eigene Haltung zur „Körperlichkeit“, die sich dann auch wieder in entsprechenden heiligen Texten, andächtigen Körperpraktiken, der Bekleidung sowie Vorschriften zu Ernährung oder Sexualität spiegelt.