6. Die Gärten des Islam: Lebensstil und Spiegelbild des „Paradieses“

Einführung
Mit der Darstellung eines irdischen Gartens, in dem Luxus und Schönheit, Freude und Geborgenheit in Harmonie regieren, bringt der Koran in seinen Suren die eschatologische Vorstellung der Belohnung zum Ausdruck, die dem Gesetz gehorchenden Glaubensanhängern zu Teil wird. Gott wird ihnen das ewige Leben gewähren und sie in einem wundervollen Paradies willkommen heißen, das auf Arabisch „Dschenna“ oder firdows genannt wird (in Anlehnung an den aus dem antiken Persischen stammenden Begriff pairi-daêza, der ursprünglich einen „abgetrennten Raum“ bezeichnete).
Der Garten ist ein wiederkehrendes Motiv in der Vielfalt der islamischen Kunst und Kultur. Je nach kulturellem und zeitlichem Kontext brachte die Symbolik des Gartens unterschiedliche kosmologische und metaphysische Auslegungen hervor und wurde auf verschiedene Weisen genutzt (als glanzvoller Garten von Prinzen, als Garten der Lust oder als Ruhestätte). Der im Koran dargestellte Garten inspirierte auch mystische Literatur. Die Perfektion und die Ruhe des Gartens erinneren an göttliche Schönheit und Einzigartigkeit.
Quelle 1

Quran 56, 1-32

1 Wenn die (Stunde) eintrifft, die eintreffen wird, — 2 gibt es niemanden, der ihr Eintreffen leugnen wird. 3 Sie wird (manches) niedrig machen und (manches) erhöhen. […]
7 und ihr (in) drei Arten (aufgeteilt) werdet: […] 10 Und die Vorausgeeilten, ja die Vorausgeeilten, 11 das sind diejenigen, die (Allah) nahegestellt sein werden,12 in den Gärten der Wonne.
27Und die Gefährten der rechten Seite – was sind die Gefährten von der rechten Seite? 28 (Sie sind) unter dornenlosen Sidr-Bäumen. 29 und dichtgeschichteten Mimosen 30 und langgestrecktem Schatten, 31(an) sich ergießendem Wasser, 32 (bei) vielen Früchten, 33 die weder unterbrochen noch verwehrt sind, […]

Quran 56, 1 – 33. Übersetzt von: Abdullah As-Samit (F. Bubenheim) und Nadeem Elyas. Empfohlene Quellenangabe: Mit Allahs Hilfe ist diese Auflage des Qur'an mit der Übersetzung seiner Bedeutungen vom König-Fahd-Komplex zum Druck vom Qur'an in al-Madina al-Munauwara unter Aufsicht des Ministeriums für Islamische Angelegenheiten, Stiftungen, Da-Wa und Rechtweisung im Königreich Saudi-Arabien herausgegeben worden. 1424 n.H./2003 n.Chr. (2. Auflage). Online abrufbar unter URL: www.islam.de (23.04.2015).

Sure 56 wurde vielfach interpretiert, insbesondere in Hinblick auf die drei verschiedenen Gruppen von Menschen, wenn „die Stunde“ gekommen ist. Die Qualen der Hölle werden die „Menschen auf der linken Seite“, „die Verdammten“ (Koran: 56, 11) treffen. Die linke Seite stellt einen verfluchten Ort dar, wo die Verdammten am Tag des jüngsten Gerichts in der Nähe des „Thron“ Gottes festgehalten werden. Nur die „Menschen auf der rechten Seite“ und diejenigen, die wegen ihres vorbildlichen Lebens „Gott näher sind“ werden sich des Glückes und der Ewigkeit im „Garten der Wonnen“ erfreuen. Wer aber sind diese Menschen, die Gott „näher“ sind und sich durch einen bestimmten Status auszeichnen? Verschiedenen Interpretationen zufolge sind es die alten Propheten, die heiligen „Freunde Gottes“ sowie die vorbildlichsten Muslime. Die Vorstellung der herrlichen Belohnung zeichnet das Bild eines „Gartens der Wonnen“ mit Wasser und Früchten im Überfluss. Der Garten wird die Menschen mit allen Annehmlichkeiten versorgen und die Menschen auf der rechten Seite werden sogar die Lotus-Brustbeere (Früchte eines Kreuzdorngewächses) genießen können, ohne die klauenartigen Nadeln berühren zu müssen.

Quelle 2

Der „Garten der Treue“

Wikimedia commons. Nutzung unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation
Public domain Bild frei zugänglich unter URL:
http://commons.wikimedia.org/wiki.._the_Garden_of_Fidelity-right-large.jpg (19/12/2014)

Babur ist der Nachkomme von Tamerlan und ein „Pad Shah“ (Gesandter) von Kabul (1504). In seinem in Jagatai, einer zentralasiatischen Sprache, verfassten Babur nameh erzählte er seine Autobiographie. Mit Leidenschaft beschrieb er die Gärten, die er in Kabul angelegt hatte, einschließlich des stufigen Blumengartens Bagh e Babur im Südwesten der Stadt. Nach 1526 verschönerte der „gärtnernde Sultan“ seine Eroberungen in Indien mit der Anlegung von Gärten. Der Tchahar Bagh diente als Vorlage für die Mughal-Gärten, die sich durch perfekte Symmetrie, geometrische Blumenbeete, einem zentralen Mittelpunkt und einer großen Vielfalt an Pflanzen auszeichnen. Das Grab des Babur, das sich nach seinen eigenen Wünschen in seinem Garten in Kabul befindet, wurde für seine Nachkommen der Mughal-Dynastie zu einem Ort der Verehrung. Die vier Bereiche für Pflanzen werden durch vier kreuzartige Wege getrennt. Das in einen Kreis oder ein Quadrat eingeschriebene Kreuz symbolisiert die vier Flüsse des Paradieses, die vier Kardinalpunkte, die vier Jahreszeiten und die vier Elemente in der Tradition des antiken Persiens. Der Kreis ist das Bild des Himmels und das Quadrat das des Universums. Das Zentrum repräsentiert den Ursprung der Erschaffung des Universums. Diese kosmologische Dimension scheint allerdings erst nach dem 11. Jahrhundert vom Islam übernommen worden zu sein.

Quelle 3

Gärten in der westlichen Renaissance und im Islam

Barburs Gärten sind den italienischen Renaissance-Gärten ähnlicher als den als mustergültig beschriebenen islamischen umzäunten Gärten. In den Gärten von Barbur rauscht kein Wasser: Wie auch in den italienischen Gärten fließt es stattdessen von Terrasse zu Terrasse. Und auch der Prinz selbst ist aufgrund seiner wissenschaftlichen Neugierde und seiner Liebe zur Kunst seinen Zeitgenossen der italienischen Renaissance nicht unähnlich. In der Tat haben die Gärten einen gemeinsamen Ursprung. Gegen Ende des Mittelalters ist das aus dem Achämenidenreich, dem Altpersischen Reich (6. Jhd. v. u. Z – 4. Jhd. v. u. Z.) stammende Modell eines geometrischen Gartens immer noch sowohl in der östlichen als auch der westlichen Welt vorhanden. Die viereckige Form des Gartens kommt einem Kreuzgang gleich. Die Neuinterpretationen des geometrischen Gartens in den Gebieten Roms, Byzanz, des Sassanidenreichs und innerhalb der arabischen Eroberungen brachten die islamischen Gärten Siziliens und Andalusiens hervor, die zur Inspiration für die westliche Renaissance wurden.

Michèle Constans, „Un jardin après la guerre“, Champs culturels 17, S. 19 (ohne Datum). Ins Deutsche übersetzt von Kerstin Bachmeier.

Babur ist der Nachkomme von Tamerlan und ein „Pad Shah“ (Gesandter) von Kabul (1504). In seinem in Jagatai, einer zentralasiatischen Sprache, verfassten Babur nameh erzählte er seine Autobiographie. Mit Leidenschaft beschrieb er die Gärten, die er in Kabul angelegt hatte, einschließlich des stufigen Blumengartens Bagh e Babur im Südwesten der Stadt. Nach 1526 verschönerte der „gärtnernde Sultan“ seine Eroberungen in Indien mit der Anlegung von Gärten. Der Tchahar Bagh diente als Vorlage für die Mughal-Gärten, die sich durch perfekte Symmetrie, geometrische Blumenbeete, einem zentralen Mittelpunkt und einer großen Vielfalt an Pflanzen auszeichnen. Das Grab des Babur, das sich nach seinen eigenen Wünschen in seinem Garten in Kabul befindet, wurde für seine Nachkommen der Mughal-Dynastie zu einem Ort der Verehrung. Die vier Bereiche für Pflanzen werden durch vier kreuzartige Wege getrennt. Das in einen Kreis oder ein Quadrat eingeschriebene Kreuz symbolisiert die vier Flüsse des Paradieses, die vier Kardinalpunkte, die vier Jahreszeiten und die vier Elemente in der Tradition des antiken Persiens. Der Kreis ist das Bild des Himmels und das Quadrat das des Universums. Das Zentrum repräsentiert den Ursprung der Erschaffung des Universums. Diese kosmologische Dimension scheint allerdings erst nach dem 11. Jahrhundert vom Islam übernommen worden zu sein.