2. Rabbinisches Judentum

Einführung

Trotz der Zerstörung des Tempels und des darauffolgenden Zeitraums des Beklagens war das jüdische Leben ganz auf Gebet und Studium ausgerichtet. Aufbauend auf eine lange religiöse und kulturelle Tradition setzte sich das rabbinische Judentum zwischen dem 2. und 4. Jahrhundert n. Chr. gegen das pharisäische Judentum als Hauptströmung durch und gab dem Judentum so seine normative Gestalt.


Quelle 1

Triumphzug, Detail des Titusbogens/h4>

Dieser Triumphbogen wurde von Kaiser Domitian 81 n. Chr. errichtet und gedenkt den Siegen seines Bruders und Vorgängers Titus in Judäa, insbesondere der Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 70 n. Chr. Das hier gezeigte Detail stellt den römischen Sieg dar. Auf einem Streitwagen (Quadriga) sitzend, führt Titus einen Aufmarsch an und trägt dabei die Siegesbeute, während er durch das Reichstor tritt. Die Beute umfasst geplünderte Schätze aus dem Tempel von Jerusalem, unter anderem einen siebenarmigen Leuchter (menorah), ein biblisches Symbol, das seinen Platz im Tempel hatte. Es handelt sich hierbei um die einzig bekannte bildliche Darstellung des Leuchters aus dieser Zeit.

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(09/02/2015)

Quelle 2

Cassius Dio: Römische Geschichte

6 (1) Die Kriegsmaschinen hatten inzwischen eine Bresche in die Mauer gelegt, trotzdem erfolgte auch dann noch nicht unmittelbar der Fall der Stadt, im Gegenteil, die Verteidiger machten eine Masse von Feinden nieder, als sie gewaltsam einzudringen versuchten. Sie zündeten sogar einige in der Nähe stehende Gebäude an, um auch dadurch die Römer, selbst wenn diese die Ringmauer in Besitz nehmen sollten, am weiteren Vorrücken zu hindern. Damit beschädigten sie freilich nicht nur die Mauer, sondern brannten – unbeabsichtigt – auch die Schutzwehr um den heiligen Tempel nieder, und nun lag der Zugang zum Tempel den Römern offen. (2) Die Soldaten drangen indessen aus Aberglauben nicht sogleich ein, sondern betraten erst lange hernach und nur auf ausdrücklichsten Befehl des Titus hin den Platz. Nun wehrten sich die Juden gegen die Angreifer noch viel entschlossener als zuvor, als wäre ihnen ein besonderes Glück widerfahren, in der Nähe des Tempels und zu seinem Schutze kämpfend fallen zu dürfen. Das einfache Volk hatte unten im Hof, die Ratsherren auf den Treppen, die Priester aber im Tempelraum selbst Aufstellung genommen. (3) Und obwohl sie, nur eine kleine Schar, gegen eine gewaltige Übermacht kämpften, wurden sie nicht eher besiegt, als bis ein Teil des Tempels in Brand gesteckt wurde. Da gingen sie freiwillig in den Tod, ein Teil warf sich in die Schwerter der Römer, andere töteten sich gegenseitig oder beginnen Selbstmord, der Rest sprang in die Flammen. Und allen, insbesondere den Genannten, schien es statt des Untergangs Sieg, Rettung und Glück zu sein, daß sie zusammen mit dem Tempel vergehen durften.

Cassius Dio: Römische Geschichte. Übersetzt von Otto Veh. Band V, Epitome der Bücher 61 – 80, München: Artemis Verlag Zürich und München, 1987, S. 144 – 145 (Buch 65, 6, 1 – 3).

Cassius Dio war ein römischer Historiker, der zwischen dem 2. und 3. Jahrhundert lebte und in griechischer Sprache schrieb. Er wurde in Asia Minor geboren und entstammte einer privilegierten und mächtigen Familie. Er schlug eine Karriere als bedeutender Staatsdiener ein (cursus honorum) und stand den Kaisern sehr nahe. Cassius Dio ist bekannt für seine Römische Geschichte in 80 Bänden, die die gesamte Geschichte Roms nachzeichnet, von ihren Ursprüngen bis ins Jahr 229 n. Chr. Auch wenn seine Darstellungen nicht immer objektiv sind, so sind sie doch eine sehr wichtige Quelle für das Studium der römischen Geschichte.
Die beiden hier vorliegenden Ausschnitte beziehen sich auf die Eroberung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. durch Titus Armeen und auf das Abbrennen des Tempels. Dio Cassius hob den Widerstand der Judäer hervor und ihre Opferbereitschaft, soweit es darum ging, ihr Heiligtum zu verteidigen. Die Stadt wurde im Zuge der Eroberung vollständig zerstört, lediglich die Davidszitadelle und die Westmauer des Tempels blieben erhalten. Dieses Ereignis, das vier Jahren fortdauernder kriegerischer Auseinandersetzungen nach der Revolte der Judäer gegen Rom ein Ende bereitete, wurde auch zum Auslöser der zweiten jüdischen Diaspora. Ferner zog es auch im Hinblick auf die Religion wichtige Konsequenzen nach sich, die dazu führten, dass der wichtigste Ort der Verehrung zerstört wurde. Dies bedingte für die Juden nicht nur eine weltanschauliche Neuordnung, sondern auch eine Neuordnung ihres kultischen Lebens.

Quelle 3

Tympanon der Synagoge von Dura Europos

Die Synagoge von Dura Europos, die sich heute in Syrien befindet, war Teil der antiken hellenistischen und römischen Provinz. Gemäß den heute vorliegenden Informationen ist die Stätte seit dem 3. Jahrhundert bekannt; sie hat aber vermutlich ein älteres Gebäude ersetzt. Im Jahr 1920 entdeckt, umfasst sie eine Gruppe bislang ungesehener figürlicher Fresken einer antiken Synagoge. Diese sind heute Teil des Bestands des Nationalmuseums Damaskus. Hier handelt es sich um die Nische des heiligen Bogens an der Westmauer der Synagoge, die gen Jerusalem ausgerichtet ist. Sie war dazu da, die Thora-Rollen zu beherbergen. Die Mitte des Tympanons schmückt eine Darstellung des Tempels von Jerusalem, in dem die Bundeslade bis zu seiner Zerstörung aufbewahrt wurde. Im Tympanon materialisiert sich das Gedenken an das zerstörte Heiligtum, ebenso wie der Wunsch nach dem ewigen Bestehen des Judentums und der Hoffnung auf ein nationales Wiedererwachen. Auf der linken Seite des Tempels befindet sich ein siebenarmiger Leuchter (menorah). Ein solcher befand sich bereits in der Stiftshütte von Mose, die König Salomo später samt des Leuchters in seinem Tempel integrieren ließ. Die Darstellung der menorah ist ein wiederkehrendes Motiv in den Synagogen der Diaspora. Es gibt auch noch zwei weitere symbolische Elemente des Judentums: ein Palmzweig (lulav) und eine Zitrusfrucht (etrog), die auf das Sukkot-Fest (oder Laubhüttenfest) verweisen, bei dem die Segnung des Tempel Salomos gefeiert wird. Auf der anderen Seite, also auf der rechten Seite des Tempels, findet sich eine bildliche Darstellung der biblischen Geschichte von der Opferung Isaaks, die sich der Erzählung zufolge auf dem Tempelberg ereignete. Es handelt sich hierbei um die älteste Darstellung dieser bekannten biblischen Geschichte. Wir können erkennen, dass Abraham dem Altar den Rücken zugekehrt hat, auf dem er seinen Sohn Isaak gepackt hält und dabei in seiner rechten Hand ein Messer hält, um das Opfer darzubringen. Doch Gottes Hand, die im oberen Teil des Freskos zu sehen ist, stoppt Abrahams Hand. Zu ihren Füßen ist ein Schafsbock an einen Baum gebunden, den Abraham nicht sehen kann, oberhalb davon befinden sich ein kegelförmiges Zelt und eine kleine Figur, die gemäß rabbinischer Interpretation der Figur der Sara entspricht, die von Satan geschickt wurde, um bei der Opferung zu helfen. Alle drei Szenen, mit denen das Tympanon verziert ist, stellen Verweise auf den Tempel von Jerusalem dar.

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Abbildung unter URL:
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(09/02/2015)

Quelle 4

Die jüdische Diaspora im 1. und 2. Jahrhundert

Die jüdischen Diaspora reicht bis zum babylonischen Exil und der Zerstörung des ersten Tempels im 6. Jahrhundert v. Chr. zurück. Zu großen Emigrationswellen der Juden aus der Provinz Palästina in Richtung des Römischen Reiches kam es infolge der Zerstörung Jerusalems und des Jerusalemer Tempels 70 n. Chr. Dennoch führte die Trennung der Juden von ihrem spirituellen Zentrum nicht zu einem Bruch mit ihren religiösen Überzeugungen und Traditionen. Die „Zerstreuung“ der Juden führte zur Gründung zahlreicher jüdischer Gemeinden auf der ganzen Welt, was die Entstehung einer sehr breit gefächerten jüdischen Kultur zur Folge hatte.

Author: Renaud Rochette. Lamberts winkeltreue Kegelprojektion
Standard-Parallelen: 20° N und 60° N Standard-Längengrad: 20° östl. Länge
World Geodetic System 1984
Daten:

Data: http://www.naturalearthdata.com
Hydrografie (Küstenlinie, Seen und Flüsse): NaturalEarth (lizenzfrei)
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