3. Judentum im Mittelalter und der Neuzeit
In der Zeit als unter der Regentschaft des Kaisers Konstantin des Großen das Christentum erstarkte, existierten bereits jüdische Gemeinden im gesamten Mittelmeerraum und auch in anderen Regionen, wie etwa in Ländern, die einige Jahrhunderte später das Karolingerreich bildeten. Im Mittelalter lebten Juden in der kulturellen und religiösen Sphäre des Christentums und Islams. Diese erweiterte Präsenz führte zur Ausbildung zahlreicher Zentren jüdischen Lebens. Dazu gehören die als gesondert wahrnehmbaren sephardischen, aschkenasischen und östlichen Gemeinden, ebenso wie kleinere Gemeinden mit besonderen religiösen Praktiken, die auch heute noch existieren.
Führer der Unschlüssigen
Das ganze Gesetz bezweckt zwei Dinge, nämlich den vollkommenen Zustand der Seele und des Körpers.
Was nun die Vollkommenheit der Seele betrifft, so müssen der großen Menge ihrer Fähigkeit entsprechend wahre Kenntnisse gegeben werden und deshalb werden diese teils in Form von Auslegungen, teils in Form von Gleichnissen mitgeteilt . Denn es entspricht nicht der Natur der Unwissenden, die Erkenntnis dieses Dinges, wie es ist, aufzunehmen.
Der vollkommene Zustand des Körpers ist dem vollkommenen Zustande der Lebensverhältnisse der Menschen untereinander gleichzuachten. Dieser wird aber durch zwei Dinge zur Vollständigkeit gebracht, erstens durch die Beseitigung der Gewalttätigkeit aus ihrer Mitte, nämlich daß nicht jedes menschliche Individuum das tun darf, was ihm gut dünkt, nach seinem Willen und Vermögen, sondern daß jeder einzelne das tue, was allen nützlich ist; und zweitens in der Gewöhnung aller Menschenindividuen an nützliche, gesellschaftliche Charaktereigenschaften , so daß dadurch der Zustand der Gesellschaft ein geordneter wird .
Wisse aber, daß von diesen beiden Hauptzwecken der eine den anderen an Wichtigkeit übertrifft, nämlich die Vervollkommnung der Seele, d. h. die Verleihung richtiger Überzeugungen, daß aber der zweite, nämlich die Vervollkommnung des Leibes, die in der möglichst besten Regierung des Staates in der möglichst vortrefflichen Gestaltung der Verhältnisse seiner Individuen besteht, der Natur und der Zeit nach vorausgeht.
Dieses zweite Endziel ist also das zunächst notwendige und für dieses hat das Gesetz in eingehendster Weise im allgemeinen und in jeder besonderen Einzelheit vorgesorgt, weil man zu dem ersten Endziele nur nach Erreichung dieses zweiten gelangen kann. Es ja schon bewiesen, daß der Mensch zweierlei Vollkommenheiten besitzen kann, die erste oder die leibliche, und die letzte oder die Vollkommenheit der Seele. Seine erste Vollkommenheit besteht darin, daß er gesund sei und sich im möglichst besten körperlichen Zustand befinde.
Dies ist ihm aber nur dann möglich, wenn er seine Bedürfnisse zu jeder Zeit, da er sie sucht, erreichen kann, nämlich seine Nahrungsmittel und die anderen gewohnten Erfordernisse des Leibes, wie Wohnung, Bad und anderes. Dies kann aber ein einzelnes Individuum allein überhaupt nicht vollständig erreichen. Vielmehr kann der Mensch zu diesem Maße nur durch diese stattliche Vereinigung gelangen, wie ja bekanntlich der Mensch seiner Natur nach gesellig ist.
Seine letzte Vollkommenheit aber ist, daß er in Wirklichkeit denke und daß er die Vernunft wirklich besitze, nämlich, daß er alle wisse, was dem Menschen seiner letzten Vollkommenheit gemäß von den seienden Dingen zu wissen möglich ist, und es ist klar, daß diese letzte Vollkommenheit nicht in Handlungen oder Charaktereigenschaften, sondern nur in Kenntnissen besteht, und zwar führt zu diesen das Stadium und sie sind ein notwendiges Ergebnis der Forschung. Es ist aber auch klar, daß diese letzte erhabene Vollkommenheit nur nach Erlangen der ersten Vollkommenheit erreichbar ist, denn es ist dem Menschen unmöglich, an wenn man ihn dann angeleitet hat, geschweige, wenn er sich von selbst dazu angeregt fühlt, sich ein gedachtes Ding vorzustellen, solange er Schmerz leidet oder sehr hungrig und durstig ist, oder ihm zu warm oder zu kalt ist.
Aber nach Erreichung der ersten Vollkommenheit ist es ihm möglich, zur letzten, die ohne Zweifel die höhere ist, zu gelangen, da diese und nicht anderes die Ursache des ewigen Lebens ist. Und das wahre Gesetz, von dem wir auseinandersetzten, daß es nur eins sei und daß es außer ihm kein anderes gebe, nämlich das Gesetz unseres Lehrers Mose, ist uns tatsächlich nur gekommen, um uns die beiden Vollkommenheiten miteinander zu verleihen, […]
Mose ben Maimon (Maimonides): Führer der Unschlüssigen. Ins Deutsche übertragen und mit erklärenden Anmerkungen versehen von Adolf Weiß, Leipzig: Meiner, 1924, Buch III Kapitel 27, S. 173 – 175.
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem Führer der Unschlüssigen (Moreh Nevuchim), dem wichtigsten Werk von Maimonides (1135 – 1204). Er war zu seiner Zeit ein sehr einflussreicher andalusischer Arzt, Philosoph und Jurist. Er gilt als bedeutender Gelehrter des Mittelalters und als einer der bedeutendsten jüdischen Gelehrten. Sein wichtigstes Werk, das auf Arabisch verfasst ist, stellte eine Verbindung zwischen den Werten, Lehren und Kommentaren des jüdischen Gesetzes und der aristotelischen Philosophie her, und ergänzte die Heiligen Schriften um eine philosophische und rationale Perspektive. Basierend auf aristotelischer Logik und seiner Ansicht, wonach göttliche Offenbarung die höchste Form der Wahrheit darstellt, versuchte Maimonides durch allegorische Interpretationen über Letztere Aufschluss zu geben. Maimonides zufolge kann Gott nur durch seine Leistungen wahrgenommen werden.
Der hier enthaltene Ausschnitt ist dem dritten und letzten Band des Führers der Unschlüssigen entnommen und rühmt das jüdische Gesetz, also das Gesetz des Mose, das dem Menschen die Möglichkeit eröffnet, eine vollkommene Seele und einen vollkommenen Körper zu erreichen. Die Methode von Maimonides und seine Absicht, unter Zuhilfenahme der Philosophie Aufschluss über die biblischen Texte zu geben, ist an diesem Textausschnitt besonders gut erkennbar.
Führer der Unschlüssigen
Diese Abbildung stellt einen Auszug aus dem Führer der Unschlüssigen dar, dem wichtigsten Werk von Maimonides, das zuerst im Jahr 1190 veröffentlicht wurde. Der hier dargestellte Text wurde zwischen 1200 und 1400 veröffentlicht und ist in hebräischer Sprache verfasst. Er entstammt der Sammlung der israelischen Nationalbibliothek.
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(09/02/2015)
Französische Briefmarke, die den Raschi von Troyes zeigt
Hierbei handelt es sich um eine französische Briefmarke aus den 2000er Jahren, die den Raschi von Troyes zeigt, einer bekannten Figur sowohl in der jüdischen Welt als auch darüber hinaus, die während des Mittelalters in Frankreich lebte. Raschi (1040-1105) war ein Rabbi, ein Exeget, ein Jurist, aber auch ein Dichter und Weinbauer, der in Troyes lebte. Er verfasste zudem eine große Anzahl an Bibelkommentaren und Kommentaren zum Talmud. Als eine der großen Figuren des Judentums stellte er zudem auch eine bedeutende Vermittlerfigur dar, da sein Werk und seine Theorien einen beachtlichen Einfluss auf die christliche Exegese am Ende des Mittelalters ausübten. Sein Einfluss auf die westliche Gedankenwelt und die Gedankenwelt des Judentums war so groß, dass über Jahrhunderte hinweg ein beträchtliches Interesse an seinem Werk bestand. Dieser Einfluss wird auch anhand der Briefmarke erkennbar, die seine Wichtigkeit und sein Verdienst um die Stadt Troyes sowie seinen Beitrag zur französischen und europäischen Kultur hervorhebt.
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Außenansicht der Altneu-Synagoge
Hierbei handelt es sich um eine Fotografie, die die Fassade der Altneu-Synagoge in Prag zeigt. Im alten jüdischen Viertel gelegen, ist sie die älteste noch völlig erhaltene Synagoge Europas. Sie wurde im 13. Jahrhundert erbaut und stellt eines der wichtigsten Beispiele gotischer Architektur in der tschechischen Hauptstadt dar. Während der Erbauung waren die Architekten angesichts der herrschenden Gesetze der Zeit verpflichtet, sicherzustellen, dass die Höhe der Synagoge die Höhe der Kirchen in der Stadt nicht überstieg. Die Synagoge hieß zunächst Neue Synagoge und dann, ab dem 16. Jahrhundert, als weitere Synagogen erbaut wurden, wurde sie Altneu-Synagoge genannt. Das Äußere der Synagoge ist sehr puristisch gehalten. Das Innere umfasst eine große Gebetshalle, die in zwei Hauptschiffe unterteilt ist, die durch Säulen getrennt werden und neben denen sich der Bereich für Frauen befindet. Das Innere ist sehr kunstvoll dekoriert. Die Synagoge ist der Hauptort der Verehrung für die jüdische Gemeinde in Prag.
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(09/02/2015)
Santa María la Blanca Synagoge
Hierbei handelt es sich um eine am Gebäude angebrachte Gedenktafel. Die Inschrift der Tafel besagt, dass das Gebäude ursprünglich eine Synagoge war und im 12. Jahrhundert erbaut wurde, bevor sie nach den spanischen Pogromen im 14. Jahrhundert in eine Kirche umgewandelt wurde. Das Gebäude ist heute ein Museum und Eigentum der katholischen Kirche.
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(09/02/2015)
Santa María la Blanca Synagoge
Die vorliegende Fotografie zeigt das Innere der Santa María la Blanca Synagoge in Toledo. Erbaut im Jahr 1180, als sich die Stadt unter christlicher Herrschaft befand, stellte das Gebäude ursprünglich eine Synagoge im Mudéjar-Stil dar. Es war bis Mitte des 14. Jahrhunderts der Hauptort der Verehrung für die Juden von Toledo, und wurde nach den Pogromen, die eine enorme Auswirkung auf die jüdische Gemeinde der Stadt hatten, im Jahr 1405 in eine Kirche umgewandelt. So wurde daraus die Kirche von Santa María la Blanca, die heute ein Museum ist. Das Innere des Gebäudes besteht aus weißen Wänden, mit dekorativen geometrischen Motiven auf den Friesen und pflanzlichen Motiven auf den Kapitellen.
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(09/02/2015)