2. Zivilreligion
Zivilreligion
US-amerikanische Präsidenten beziehen sich in ihren Ansprachen oft auf Gott und sprechen häufig von der besonderen Aufgabe der USA in der Welt. Am Memorial Day, dem US-amerikanischen Feiertag zum Gedenken der Kriegsgefallenen, versammeln sich Amerikaner zu Ehren der gefallenen Soldaten und auch jeder gewöhnliche Schultag beginnt mit einem Gebet, in dem die Schüler der „einen Nation unter Gott“ Treue geloben. Amerikaner unterstützen diese nationalen Anlässe sowohl in Bezug auf Institutionen (wie etwa die Präsidentschaft) als auch in Bezug auf Traditionen (wie etwa Thanksgiving).
Solche Ansichten und Rituale werden „Zivilreligion“ genannt. Der US-amerikanische Religionssoziologe Robert Bellah stellte als erster fest (oder behauptete zumindest), dass in den USA eine charakteristische nationale Religion neben all den anderen Religionen praktiziert wird. Diese „Zivilreligion“ ist weitestgehend abstrakt, sodass sie unabhängig der eigenen religiösen Präferenzen von jedem Einzelnen ausgeübt werden kann. Dennoch ist sie in ihrem Bezug auf die US-amerikanische Nation ausreichend spezifisch, sodass sie tatsächlich als Gemeinsamkeit aller US-Amerikaner in ihrer Beziehung zu ihrer Nation fungieren kann.
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Wie alle anderen Religionen weist auch die Zivilreligion eine Reihe charakteristischer Merkmale auf:
- Sie findet Ausdruck in Reden, Ritualen und Denkmalen.
- Sie postuliert einen Bund zwischen der Nation und Gott.
- Sie beinhaltet die Vorstellung eines Gottes, der die Nation entsprechend der Wahrung des Bundes belohnt und bestraft.
- Sie ist unabhängig von Staat und Kirche.
- Sie wird von der ganzen Nation praktiziert zusammen mit all den anderen Religionen, denen die Menschen zusätzlich angehören.
Dabei ist es wichtig, Zivilreligion als eine analytische Abstraktion zu verstehen. Lediglich Religionswissenschaftler sprechen von Zivilreligion. Keiner würde sich selbst als „zivilreligiös“ bezeichnen oder behaupten, die Nation verfüge über eine Zivilreligion. Der Begriff eignet sich für die Beschreibung der Beziehung zwischen Nation und Religion vor dem Hintergrund der Religionsfreiheit und dem religiösen Pluralismus in den USA. In Ländern mit nur einer Religion, wie etwa in Russland, spricht man eher von religiösem Nationalismus. Dieser nutzt eine bestimmte Religion für die Legitimierung der Nation. So werden dort nicht-orthodoxe Glaubensanhänger im Gegensatz zu orthodoxen Russen nicht als vollständige Mitglieder des Landes anerkannt.
Die Texte basieren auf der englischsprachigen Einleitung zu Horisont, einem Lehrbuch für den Religionsunterricht in der gymnasialen Oberstufe in Dänemark. Das Buch wurde von den Lehrbeauftragten Annika Hvithammer und Tim Jensen sowie den Gymnasiallehrern Allan Ahle und Lene Niebuhr herausgegeben und ist 2013 im Gyldendal Verlag in Kopenhagen erschienen. Die Einleitung wurde ursprünglich von Annika Hvithamar und Tim Jensen verfasst.
Höhepunkte der Eröffnungszeremonie der Jugendolympiade 2014 in Nanjing
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Source: https://www.youtube.com/watch?v=2qiwxo-p