2. Die frühen islamischen Eroberungen 632 – 750
Nach dem Tod Muhammads war Arabien gezwungen, sich dem ersten Kalifen zu unterwerfen. Später, unter den Kalifen 'Umar und 'Uthmān, begannen “reitende Nomaden“ – getrieben von ihrem Glauben und der Aussicht auf Plünderung – über große Distanzen zu marschieren und erste militärische Erfolge zu erzielen, indem sie das byzantinische Reich besiegten und die reichen östlichen Provinzen Syrien, Palästina und die „Kornkammer“ Ägypten eroberten. Das Sassanidenreich überlebte diese Niederlagen nicht, die Araber nahmen den Irak und den Iran ein. Innerhalb eines halben Jahrhunderts etablierte die von den arabischen Kriegern verbreitete Botschaft Muhammads und ihre Stammeskultur ein imperiales politisches System in den eroberten Territorien, vom Iran bis hin zum Maghreb. Die zweite, längere und schwierigere Eroberungsphase passierte unter den Umayyaden (661 – 750): Im Osten erreichten die arabischen Armeen den Indus im Jahr 710; im Westen erreichten sie den Maghreb und danach Andalusien. Während die ersten Geschichtsschreiber den Erfolg, die Geschwin-digkeit und das Ausmaß der Eroberungen dem neuen Glauben zuschrieben, wird der religiöse Faktor in der aktuellen Forschung neu interpretiert und vor allem in der Fähigkeit der Muslime in der Staats-gründung und Vereinigung der arabischen Stämme gesehen. Resources
Karte der arabischen Eroberungen unter den Rāshidūn, den ersten vier sunnitischen Kalifen, genannt die “Rechtgeleiteten Kalifen” (632 – 661)
Nach dem Tod Muhammeds 632 weigerten sich einige arabische Stämme, Steuern zu zahlen und sich den Weisungen von Abū Bakr, dem ersten Nachfolger des Propheten, zu unterwerfen. Andere Stämme unter der Führung einiger „Propheten“, Wahrsager und Dichter sollen sich dem Islam verweigert haben. Die Epizentren der Rebellion fanden sich in Jemen. Die islamische Geschichtsschreibung verwendet den Terminus „Ridda-Kriege“ für die Auseinandersetzungen mit diesen Rebellionen. Auf Arabisch bedeutet das Wort ridda so viel wie „ablehnen“: Die arabischen Stämme lehnten schließlich die Steuer auf die 'Umma ab. Später bekam ridda auch eine religiöse Konnotation und die Revolten der Araber auf der Halbinsel wurden zu den „Kriegen der Apostasie“, also zu den Kriegen der „Abkehr vom Islam“.
Mit Abū Bakr wurden die arabischen Stämme gezwungen, sich Medina zu unterwerfen und Teil der neuen politischen Ordnung zu werden. Diese bedeutende militärische und politische Episode war gewissermaßen der Vorspann der darauffolgenden von der Stammesaristokratie der Quraisch geführten Eroberungen außerhalb der Halbinsel. Nachdem seine Armee die Stämme unterworfen hatte, wurden sie von 'Umar zur Speerspitze einer großen Eroberungskampagne gemacht und mit dem Recht auf Plünderung belohnt.
Nach dem Sieg der Araber in Yarmūk 636 kapitulierte Jerusalem 638 in Palästina, gefolgt von Damas-kus in Syrien. 641 wurde die Armee in Ägypten, genauer in Fustāt, einem strategischen Lager in der Nähe von großen byzantinischen Städten, verstärkt. In der Folge wurde Alexandria im Jahr 642 ge-plündert. Neben ihren Erfolgen gegen die Byzantiner beendeten die arabischen Armeen unter der Führung ihrer Generale mehr als 400 Jahre der Herrschaft der Sassaniden.
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Brief von Rostām, Reichsfeldherr im Saassanidenreich, an seinen Bruder
Das Haus Sassan ist dem Untergang geweiht. Nehmt Abschied vom Glanz, Krone und Thron, Der König wird fallen und verloren ist schon Das Reich, das die Araber mit Macht gewinnen, Wenn die Sterne uns Niederlage und Flucht bestimmen. Vier hundert Jahre werden vergehn, Unser Name wird vergessen, unser Ruhm nicht bestehn.
Brief von Rostām, Reichsfeldherr im Saassanidenreich, an seinen Bruder. Abūʾl-Qāsem Ferdausi: Schāhnāme, Vol. 7. Frei übersetzt aus Dick Davis: Shahnameh. Penguin Group, New York, 2006, S. 833ff. Online abrufbar unter URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Rostam_Farrokhz%C4%81d (15.07.2015).
Obwohl sie eine schwerbewaffnete Kavallerie und Kriegselefanten gegen die eher leichte arabische Kavallerie einsetzten, wurden die Sassaniden 635 oder 636 an den Toren der Wüste, am Westufer des Euphrat besiegt. Die Eroberung war brutal. Auf die Niederlage der Perser in der Schlacht von al-Qādisiyyah (im heutigen Irak) folgte die Plünderung deren wohlhabender Hauptstadt Seleukia-Ktesiphon und die Flucht ihres Kaisers Yazdegerd III. Die Eroberung des Iran wurde unter der Re-gentschaft des vierten Kalifen 'Uthmān vollendet. General Rostām, der Kommandant der persischen Armeen, verlor in al-Qādisiyyah während einem Einzelkampf gegen den arabischen Herrscher auf tragische Weise sein Leben. Der zweifelhafte Brief an seinen Bruder, zitiert im Buch der Könige (Shahnameh) des iranischen Dichters Ferdausi (10. Jahr-hundert), machte Rostām zu einem Nationalhelden. Er starb in einem symbolischen Krieg zweier Wel-ten: Dem antiken, ruhmreichen Sassanidenreich, welches er repräsentierte, auf der einen Seite und dem immer stärker werdenden Islam mit seinem kühnen Kriegsführer auf der anderen Seite. Nachdem er die Sterne um Rat gefragt hatte, eine verbreitete Praxis in Persien, hatte Rostām bereits eine Vorahnung, was den Ausgang der Schlacht gegen eine „zahllose Armee von Arabern mit einem Angesicht so schwarz wie Pech“ betraf.
25 irakische Dinar
Diese Banknote im Wert von 25 Dinar, auf der sich das Gesicht Saddam Husseins findet, wurde 1991 wegen dem Embargo gegen den Irak und die damit einhergehende Abwertung der irakischen Währung in Umlauf gebracht. Banknoten von schlechter Qualität – der „Druckdinar“ – wurden dann gedruckt. Bevor der Golfkrieg zwischen dem Irak und dem Iran überhaupt begann, wurde die Erinnerung an die Schlacht von al-Qādisiyyah als ethnischer Sieg in vielen militärischen und kulturellen Symbolen (Filme, Architektur etc.) dargestellt. Auch außerhalb des Irak wurde die Erinnerung an die Schlacht seit dem späten 20. Jahrhundert immer wieder von einigen muslimischen Gemeinden, Staaten und auch radikal islamistischen Organisationen instrumentalisiert
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Karte der Gebiete unter arabischer Herrschaft um 750
Die Karte zeigt das Ausmaß des Kalifats Mitte des 8. Jahrhunderts, nach dessen wichtigster Erobe-rungsphase. Die arabisch-muslimische Expansion wurde mit der fehlgeschlagenen zweiten Belagerung Konstantinopels in Osteuropa (718) und der Niederlage bei Poitiers in Westeuropa (732) unterbro-chen. Trotz dem Sieg bei Talas in Zentralasien (751) konnten die muslimischen Armeen keine weiteren Territorialgewinne im Osten verzeichnen.
Erstellt von: Renaud Rochette
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Quran 9, 5
Wenn nun die Schutzmonate abgelaufen sind, dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet, ergreift sie, belagert sie und lauert ihnen aus jedem Hinterhalt auf! Wenn sie aber bereuen, das Gebet verrichten und die Abgabe entrichten, dann laßt sie ihres Weges ziehen! Gewiß, Allah ist Allvergebend und Barmherzig.
Quran 9, 5. Übersetzt von: Abdullah As-Samit (F. Bubenheim) und Nadeem Elyas. Empfohlene Quellenangabe: Mit Allahs Hilfe ist diese Auflage des Qur'an mit der Übersetzung seiner Bedeutungen vom König-Fahd-Komplex zum Druck vom Qur'an in al-Madina al-Munauwara unter Aufsicht des Ministeriums für Islamische Angelegenheiten, Stiftungen, Da-Wa und Rechtweisung im Königreich Saudi-Arabien herausgegeben worden. 1424 n.H./2003 n.Chr. (2. Auflage). Online abrufbar unter URL: www.islam.de (12.07.2015).
Die Sure 9 ist die einzige der 114 Suren des Korans, die nicht von der Basmala eingeleitet wird: „Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes.“ Der fünfte Vers der Sure 9 ist der sogenannte “Vers des Schwertes“ und die gesamte Sure wird von Traditionalisten als die letzte – oder eine der letzten – angesehen, die „herabgesandt“ wurden. Es ist wichtig, ihren Kontext zu betrachten. Der siegreiche Mohammed war nach Mekka zurückgekehrt. Bei sich hatte er einige Anhänger, entweder freie Männer oder Sklaven. Dieser Vers hatte die Absicht, die Polytheisten einzuschüchtern: Sollten sie sich Gott nicht unterwerfen, müssten sie sterben. Die Sure 9 beinhaltet viele Aufrufe zum Kampf (jihad) oder zur Beteiligung an brutalem Krieg (qitāl). Das Verb dieses Verses erscheint im Imperativ und bedeutet: „Wir müssen sie töten!“ Abtrünnige hatten in dieser Gesellschaft keinerlei Rechte.
- Das Wort “Polytheist” ist ein Neologismus, der von den Übersetzern des Korans für den arabischen Terminus mushrikūn (Plural) entwickelt wurde, welcher diejenigen bezeichnet, die „einen anderen Herren als Allah annehmen“. Er scheint sich vor allem auf diejenigen zu beziehen, die ein Objekt oder eine Person mit Gott in Verbindung bringen; so zum Beispiel die Christen, die Jesus Christus als Got-tessohn mit Gott „assoziieren“.
- Die “heiligen Monate” waren im vorislamischen Arabien diejenigen, in denen es verboten war, Blut zu vergießen.
- Das Zakāt, welches zum dritten Pfeiler (Sunnismus) bzw. vierten Pfeiler (Schiismus) des Islam wur-de, steht für die „obligatorische Wohlfahrt“ und ein Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam.
Im Hinblick auf seine Interpretation zeigt sich dieser Vers problematisch. Er wurde in der Forschung gerne kommentiert, weil er einem der Prinzipien des Korans widerspricht, welches noch in Sure 2, 256 bekräftigt wird: „Kein Zwang in der Religion.“ Wie kann also die Glaubensfreiheit mit dem bewaffneten jihād gegen die „Polytheisten“ in Einklang stehen? War es die Absicht dieses „Verses des Schwerts“, den in anderen Versen postulierten Toleranzgedanken zu widerrufen? Die klassische Exegese zielt darauf ab, versöhnlichere und weniger aggressive Interpretationen dieses Verses zu liefern.