5. Die Geburt Orthodoxen Kirche des Ostens

Einführung
Das späte 5. Jahrhundert markierte das Ende der Einigkeit der römischen Welt: Von 395 an existierten ein Weströmisches und ein Oströmisches Reich nebeneinander, bis Ersteres unter dem Druck der Belagerungen seitens der Barbaren im Jahr 476 fiel. Letzteres hingegen, in der Geschichtswissenschaft auch „Byzantinisches Reich“ genannt, bestand bis zu seiner Unterwerfung durch die Osmanen im Jahr 1453. Dadurch entfaltete sich das Christentum unter den Bedingungen seiner sich unterscheidenden politischen und gesellschaftlichen Umgebung, zwischen dem byzantinisch-griechischen Osten und dem lateinischen Westen. Die religiösen Unterschiede zwischen Ost und West traten im Laufe der Zeit immer weiter hervor. .
Quelle 1

Canones der Trullanischen Synode

Das Quinisext bzw. die Trullanische Synode (692) spielte eine wichtige Rolle dabei, das Selbstver-ständnis der Byzantinischen/Orthodoxen Kirche zu bestimmen. Dieses Konzil, das in einer gekuppelten Halle (genannt Trullo) des kaiserlichen Palastes von Konstantinopel stattfand, beschloss das Fünfte und das Sechste Ökumenische Konzil (daher der Name Quinisextum (lat.) oder Penthekte (griech.) für „fünftes-sechstes“); diese beiden sind auch unter den Namen Zweites (553) und Drittes Konzil von Konstantinopel (680 – 681) bekannt. Das Quinisext führte Richtlinien ein, die die Liturgie und die Kir-chendisziplin betrafen. Ausschließlich Bischöfe aus dem Osten nahmen daran teil. Dieser Umstand erleichterte der Kirche von Konstantinopel, ihre Bestimmungen auch auf die orientalischen Kirchen zu übertragen. Das Konzil wurde wegen seinen „fehlerhaften Neuerungen“ von Papst Sergius I. (Pontifi-kat 687 – 701) entschieden abgelehnt: Von der katholischen Kirche wird es nach wie vor nicht aner-kannt, während es die östliche Orthodoxie als untrennbar mit den Fünften und Sechsten Ökumeni-schen Konzilien verbunden sieht. Einige dieser Neuerungsbestimmungen bildeten alsbald die Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden Kirchen. Während die Römische Kirche ihre Priester noch dem Zölibat unterstellen konnte, bestätigte die Trullanische Synode, dass auch für verheiratete Männer die Möglichkeit besteht, zum Priester geweiht zu werden. Samstägliches Fasten, wie es von der lateinischen Kirche praktiziert wur-de, lehnte die Byzantinische Kirche ab. Source 2

13. Weil wir zur Kenntnis genommen haben, daß es in der römischen Kirche als kanonische Ordnung überliefert worden ist, daß diejenigen, die der Ordniation zum Diakon oder Presbyter in Zukunft gewürdigt werden sollen, geloben, mit ihren Ehefrauen keinen geschlechtlichen Umgang mehr zu pflegen, wünschen wir – der alten Norm apostolischer Akribeia und Ordnung folgend –, daß die legitimen Ehen heiliger Männer von jetzt an Bestand haben. […]
22. Wir befehlen, daß diejenigen, die für Geld ordiniert werden und nicht entsprechend der Bewährung und gemäß dem Lebenswandel leben – seien es Bischöfe oder was für Kleriker auch immer –, abzusetzen sind. Dasselbe gilt auch für die, die sie ordinieren.
23. Darüber, daß niemand, der die makellose Kommunion spendet – seien es Bischöfe, Presbyter oder Diakone – von dem Empfänger Geld oder irgendeine Sache für sich eintreibt. Denn die Gnade ist nicht käuflich, und wir geben den Segen des Geistes auch nicht für Geld weiter, sondern er ist denen, die des Geschenkes würdig sind, ohne Hintergedanken weiterzugeben. […]
36. Wir erneuern die Gesetzgebung, die von den in dieser gottbehüteten Kaiserstadt zusammengekommen 150 und in den in Chalcedon versammelten 630 heiligen Vätern beschlossen wurde, und bestimmen, daß der Bischofssitz von Konstantinopel „dieselben Privilegien genießt wie der Bischofssitz von Alt-Rom und in kirchlichen Angelegenheiten wie jener erhoben wird und dabei an zweiter Stelle nach jenen steht“. Danach soll der Bischofssitz der Großstadt Alexandrien gezählt werden, dann der der Großstadt Antiochien und nach diesem der der Stadt Jerusalem.
55. Weil wir erfahren haben, daß man in der Stadt Rom entgegen dem überlieferten kirchlichen Brauch während der heiligen Fastenzeit der Quadragesima an deren Samstagen fastet, hat die heilige Synode beschlossen, daß auch in der Kirche der Römer der Kanon unerschütterlich in Geltung steht, der sagt: „Wenn ein Kleriker am heiligen Sonntag beim Fasten gefunden wird oder am Samstag – mit Ausnahme des einen und einzigen – soll er abgesetzt werden; ein Laie soll ausgeschlossen werden“.

Concilium Quinisextum. Übersetzt und eingeleitet von Heinz Ohme. Turnhout: Brepols (Fontes Chri-stiani, Bd. 82) 2006, S. 199, 213, 227, 249.

Quelle 2
Die Ikonostase ist eine Wand von Ikonen, die als Trennwand zwischen dem inneren Kirchenschiff und dem Altarraum, wo sich auch der Altartisch befindet, fungiert. Letzterer ist der heiligste Bereich der Kirche, zu dem nur Geistliche Zutritt haben. Die Trennwand ist in ihrer Gestaltung der Außenansicht des Tempels von Jerusalem nachempfunden. Dieser beinhaltete das sog. Allerheiligste mit der Bundeslade. Diese war mit den zwei Cherubim-Statuen (Engelsabbildungen) durch einen Vorhang vom restlichen Kultraum geschieden. Der Altarraum selbst befindet sich auf einer erhöhten Fläche, dem Bema. Die Ikonostase befindet sich am Treppenaufgang und teilweise in dem Bema, welches vom Kirchenschiff mit einer Absprerrung getrennt wird. Der Teil des Bema, der sich von der Ikonostase bis zu dieser Barriere erstreckt, wird Solea genannt: Hier stehen die Geistlichen und sprechen zu den Gläubigen. Die Ikonostase reicht nicht bis zur Kirchendecke, sodass die Besucher den Teil des Gottesdienstes, der sich im direkten Altarbereich abspielt, hören können. Im Zentrum befindet sich die königliche Tür, die während des Gottesdienstes geöffnet bleibt. Sie wird auf der rechten Seite (vom Zuschauer aus) von einer Ikone, die den Herrn Jesus Christus darstellt, und auf der linken Seite von einer Ikone der Jungfrau Maria mit Jesus als Säugling (dem Theotokos) eingerahmt. Den Rest der Reihe bilden Heiligenabbildungen, die meist einen Bezug zur jeweiligen Kirche aufweisen. Über der königlichen Tür findet sich eine Darstellung des letzten Abendmahls, wel-ches zur Eucharistiefeier begangen wird. Manche Ikonostasen haben mehrere Reihen, dabei wird die zweite meist den Feiertagen und die dritte den Aposteln gewidmet.

Ikonostase in der Kirche des Heiligen Gregorios Palamas (Thessaloniki).
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