7. Jerusalem, die heilige Stadt des Islams

Einführung
Im Jahre 638 wurde die byzantinische Stadt Jerusalem durch den Sieg der Krieger „des Korans“ Teil der muslimischen Geschichte. Während der darauffolgenden Jahre wurde die angesehenste Stadt des Judentums im Osten, die ebenso großen spirituellen Einfluss auf die mittelalterliche christliche Welt im Westen hatte, auch zur heiligen Stadt des Islams. Abgesehen von den Jahren des christlichen und Römischen Reiches (1099 – 1187) und der britischen Militärbesetzung nach der Mandatsherrschaft (1919 – 1948) war Jerusalem 13 Jahrhunderte lang unter muslimischer Herrschaft. Seit 1967 hat Israel die Stadt durch die Besetzung Ost-Jerusalems wiedervereint. 1980 wurde ein wichtiges Gesetz von der Knesset verabschiedet, das Jerusalem als die „eine und unteilbare Hauptstadt“ Israels festlegte. Al-Quds, so der arabische Name der Stadt, ist für Muslime Kristallisationspunkt zugeschriebener Heiligkeit und eine symbolträchtige Stadt von großer Wichtigkeit. Wie entwickelte sich diese Heiligkeit? Was sind ihre Grundlagen und welche symbolischen Orte gibt es dafür? Welche Rolle spielt Jerusalem heute in der Vorstellungswelt und Weltanschauung der Muslime?
Quelle 1

Briefmarke aus Jordanien

https://encrypted-tbn2.gstatic.com/images?

Briefmarke aus dem Iran

https://encrypted-tbn0.gstatic.com/ (07.05.2015).

Die Bilder von Al-Quds, die ein Symbol für das muslimische Bewusstsein heutzutage darstellen, sind in der muslimischen Welt insbesondere seit der Intifada (dem Aufstand der Palästinenser gegen Israel 1987 und 2000) auf vielen verschiedenen Gegenständen zu finden wie etwa Flaggen, Teppichen, Souvenirs, Briefmarken und Geldscheinen. Diese Bilder stehen für die islamische Heiligung des Tempelberges in Jerusalem. Der muslimischen Tradition zufolge steht die Errichtung eines heiligen Raumes in Verbindung mit dem Besuch des zweiten Kalifen Umar (634-644) im Jahr 638. Er verehrte die Stadt und respektierte die christlichen Anbetungsstätten. Während seines Besuchs ging er angeblich in Begleitung des großen Patriarchen Sophronius zum Tempelberg, um dort demütig in der „Moschee“ Davids zu beten. Nachdem er diese allerdings verdreckt unter einem „Haufen Mist, den die Christen als Beleidigung gegen die Juden“ hinterlassen hatten, vorgefunden hatte, reinigte er sie. Der erste Kalif der imperialen Dynastie der Umayyaden (661-750) ließ anschließend zwei wichtige Denkmäler auf der zerstörten Stätte des Berges Moriah errichten, die anfänglich el-Aqsa oder haram al-sharif („edles Heiligtum“) genannt wurde.
Auf der ersten Briefmarke ist ein Bild des Felsendoms (Qubbat, die Kuppel, al-Sakhra, der Felsen) zu sehen, die am selben Ort, d. h. im Zentrum des heiligen Tempels der jüdischen Tradition steht. 50 Jahre nach der Eroberung Jerusalems war dies das erste große Denkmal des imperialen Islams. Welche Bestimmung dem Bau zukommt, bleibt rätselhaft: Die Bauform des eigenartigen achteckigen Denkmals erinnert an Gedenkstätten und Mahnmale. Zur Zeit seiner Errichtung kann dieses Denkmal als Ausdruck für den „Wettkampf“ um Vorherrschaft zwischen Christentum und Islam gesehen werden. Der Bau kann somit eventuell als klares Signal gegen die Auferstehungskirche bzw. Grabeskriche Jesu Christi, die sich ebenso in Jersualem befindet, gedeutet werden.
Auf der zweiten Briefmarke ist die Freitagsmoschee abgebildet, die im südwestlichen Teil des Tempelberges liegt. Die durch ein Erdbeben verursachten Schäden wurden im 11. Jahrhundert von den Fatimiden restauriert. Dabei verkleinerten sie die Größe einiger Seitenschiffe. Dennoch ist sie nach wie vor die größte Moschee in Jerusalem. Seither wurde sie al-Aqsa (die entlegene Moschee) genannt. Die zwei Denkmäler dieser heiligen „Promenade“ beförderten die Enstehung magischer Traditionen, Legenden und Erzählungen.

Quelle 2

Das Überqueren der Sirat-Brücke

Der erste von euch wird so schnell wie der Blitz über die Brücke gehen." […] "Dann werden die nächsten gehen, so schnell wie der Wind, so flink wie die Vögel, und die Geschwindigkeit ihres Darübergehens wird ihren Taten entsprechend sein. Und euer Prophet wird an der Brücke stehen und Allah bitten: 'Oh mein Herr, rette, rette (sie)!`, […] bis ein Mann kommt, der dahinkriecht, da er unfähig ist, zu gehen. Und an beiden Seiten der Brücke werden sich Haken befinden. Und diese Haken werden auf Allahs Befehl jene halten, die Er zu halten befielt. Und der Eine wird nur gekratzt werden und ist gerettet, und der Andere wird ins Höllenfeuer geworfen werden." Abu Huraira (r) sagte: Bei dem, in Dessen Händen die Seele Abu Hurairas liegt, die Hölle besitzt eine Tiefe von siebzig Jahren. (Muslim)

**Sirat ist die Brücke, über die alle am Tag des Gerichts gehen werden müssen.

Hadith (zugeschrieben: Abu Hurayra). Online abrufbar unter URL:
http://islamische-datenbank.de/option,com_riyad/action,viewhadith/chap_nr,25/ (24.04.2015).
Verwendete Übersetzung: Nawawī; Gharieb, Gharieb Mohamed; Gharieb, Nadeem; Röhmer, Manfred Kh (2002): Riyâd-us-Sâlihîn. Gärten der Tugendhaften = Riyāḍ al-ṣāliḥīn bi-al-lughah al-Almānīyah. 1. Aufl. München: SKD Bavaria Verlag & Handels GmbH, Kapitel 25 [Riyad us-Salihin Nr. 201].

Dieser berühmte Hadith wird Abu Hurayra zugeschrieben, einem Begleiter des Propheten, der von den Sunniten als wichtige Figur in der Überlieferung der Hadithe angesehen wird. Er erzählt von der Prüfung der Überquerung der Sirat-Brücke am Tag des Jüngsten Gerichts. An diesem Tag hielt sich Israfil am Felsen fest, der Engel der Apokalypse blies zur Ankündigung der Auferstehung ins Horn und die Kaaba und alle Moscheen kamen auf der heiligen Promenade zusammen. Die Waage (Mawazim) als Symbol der göttlichen Gerechtigkeit wurde in den Viersäulen-Vorbau des Felsendoms aufgestellt.
In Erwartung ihres Schicksals beschritt die gesamte Menschheit eine haardünne Brücke (as-Sirat), die über das Tal des Todes (Gehenna) zwischen dem Tempelberg und dem Ölberg gespannt war.